Mit Arbeiten von: !Mediengruppe Bitnik, Anonymous, Cory Arcangel, Aram Bartholl, Heath Bunting, Simon Denny, Eva und Franco Mattes, Seth Price, Robert Sakrowski, Hito Steyerl, Valentina Tanni
Unter der Oberfläche des Internets existiert eine Parallelwelt: Das Darknet beschreibt ein verschlüsseltes, unsichtbares Netzwerk, unerreichbar für konventionelle Browser oder Suchmaschinen und dennoch von Millionen genutzt. Dieses digitale Territorium ist Anstoss der Zusammenarbeit zwischen dem Künstlerkollektiv !Mediengruppe Bitnik (Carmen Weisskopf und Domagoj Smoljo), dem Projekt :digital brainstorming des Migros-Kulturprozent und der Kunst Halle Sankt Gallen. Mit Hilfe von weiteren KünstlerInnen, TheoretikerInnen und HackerInnen werden Organisationsformen, Strukturen und Kommunikationssysteme untersucht, die in den Alltag eindringen, der Öffentlichkeit aber noch weitgehend unbekannt sind. Die Ausstellung «The Darknet - From Memes to Onionland. An Exploration» öffnet die Kunst Halle Sankt Gallen für interdisziplinäre Expeditionen und umfasst Themen wie Urheberrecht, Privatsphäre, Illegalität und Widerstand.
Durch jüngste Ereignisse trat das Darknet, auch Deep Web oder Onionland genannt, vermehrt ins öffentliche Bewusstsein. Der Ruf ist schlecht: Drogen, Waffen, Pornografie, geklaute Daten oder gefälschte Dokumente können darin erworben werden. Die Enthüllungen Edward Snowdens dürften diese einseitige Sichtweise aber verschoben haben. Das Darknet ist ein scheinbar machtfreier Raum, dessen Potenziale noch wenig bekannt und noch weniger genutzt sind. Als kritische Zeitgenossen möchten die Beteiligten dieses Moment ernst nehmen und die intransparenten Mechanismen und Systeme artikulieren. Einige künstlerische Beiträge greifen direkt auf Daten- und Bildwelten aus dem Deep Web zurück. Beispielsweise überführt die !Mediengruppe Bitnik Waren und Spiele dieser Internet-Subkultur in den Kunstraum, während Eva und Franco Mattes Reaktionen auf ein Video aus dem Onionland präsentieren. Cory Arcangels Arbeit bleibt den AusstellungsbesucherInnen verborgen. Er kümmert sich um die Sichtbarkeit der Kunst Halle im World Wide Web. Andere KünstlerInnen beschäftigen sich mit Internet-Phänomenen, die auch im Oberflächen-Web existieren und im Spannungsfeld zwischen Anonymität und Kommerz zu verorten sind: Robert Sakrowski kuratiert YouTube-Filme zur Geschichte von Anonymous, Valentina Tanni stellt ihr Archiv an Memes zur Verfügung und Simon Denny provoziert Fragen nach Businessmodellen, Einkommen und Eigentum in Zeiten des globalen Datenaustausches. Heath Bunting hingegen untersucht die Datenspeicherung im Bezug auf Identitäten. Diese werden etwa mittels Shopping-Cards, Kreditkarten oder Mobiltelefonen konstruiert. Der Künstler thematisiert damit auch Klassensysteme. Umgekehrt kann eine Identität auch gelöscht werden - wie Seth Price mit How to disappear in America vorführt.
Die Kunst Halle Sankt Gallen schlägt in dieser Schau den Bogen zwischen Sichtbarem und Unsichtbarem - From Memes to Onionland -, die miteinander verzahnt sind. Im Bewusstsein um diesbezügliche Unsicherheiten soll eine mehrperspektivische Annäherung stattfinden. Mit künstlerischen Beiträgen, Archivmaterial, Workshops und Diskussionen wird versucht, dieses hochbrisante Zeitphänomen zu fassen. Das Ausstellungsformat gewährt den BesucherInnen einen Zugang zum digitalen Untergrund und kratzt an vertrauten Vorstellungen - Die Kunst Halle Sankt Gallen ist neu auch im Onionland unter http://vtw7g7wcdsgxq4ru.onion/ zu finden.
Die Ausstellung ist in Zusammenarbeit mit dem Projekt :digital brainstorming des Migros-Kulturprozent entstanden. Wir danken der Ernst Göhner Stiftung, der Jubiläumsstiftung der Schweizerischen Mobiliar Genossenschaft, der Ortsbürgergemeinde St.Gallen und der Fredy & Regula Lienhard-Stiftung für die grosszügige Unterstützung.
Ein spezieller Dank geht an Prof. Dr. Felix Stalder für den inhaltlichen Austausch und die Zusammenarbeit. Ebenfalls danken wir Dr. iur. Bruno Glaus für die Hilfe in juristischen Angelegenheiten.
Eröffnung und Buchvernissage: Fr, 17. Oktober 2014, 18 Uhr
Führungen: Di, 21. Oktober 2014, 18 Uhr, So, 11. Januar 2015, 15 Uhr
Einführungsabend Lehrpersonen: Di, 21. Oktober 2014, 18 Uhr
Kunst über Mittag: Do, 6. November 2014, 12 Uhr
Konzert Jetpack Bellerive: Do, 6. November 2014, 20 Uhr
Malnachmittag: Mi, 19. November, 14 Uhr
Kunst-Häppchen: Mi, 26. November, 12.30 Uhr
Familienworkshop: So, 30. November 2014, 14 Uhr
Spezialveranstaltungen zur Ausstellung: Workshop I: Sa, 18. Oktober 2014, 12 bis 16 Uhr
Artist Talk I: Sa, 18. Oktober 2014, 16.30 Uhr
Diskussion «Digitale Leibeigenschaften»: Do, 30. Oktober 2014, 20 Uhr
Workshop II: Sa, 6. Dezember 2014, 14 bis 16 Uhr
Artist Talk II: Sa, 6. Dezember 2014, 16.30 Uhr
Filmscreening: Di, 9. Dezember 2014, 20.15 Uhr
!Mediengruppe Bitnik: Carmen Weisskopf: *1976 in Basel (CH), lebt und arbeitet in Zürich; Domagoj Smoljo: *1979 in St. Gallen (CH), lebt und arbeitet in Zürich
Anonymous – Zeigt in der Ausstellung I'll be there in 30 Minutes, 2011
Cory Arcangel: *1978 in Buffalo (USA), lebt und arbeitet in New York
Aram Bartholl: *1972 in Bremen (D), lebt und arbeitet in Berlin
Heath Bunting: *1966 in London (UK), lebt und arbeitet u.a. in Bristol
Simon Denny: *1982 in Auckland (NZ), lebt und arbeitet in Berlin
Eva und Franco Mattes: *1976 in Brescia (I), leben und arbeiten in New York
Seth Price: *1973 in Jerusalem (IL), lebt und arbeitet in New York
Robert Sakrowski: *1966 in Berlin (D), lebt und arbeitet in Berlin
Hito Steyerl: *1966 in München (D), lebt und arbeitet in Berlin
Valentina Tanni: *1976 in Rom (I), lebt und arbeitet in Rom