Marinella Senatore
«Public Secrets»

1. Februar – 13. April 2014

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Marinella Senatore, Ausstellungsansicht, Speak Easy Archive, 2009-2013; Speak Easy, 2009; Speak Easy Collages #70-#92, 2014

Courtesy: die Künstlerin, Mot International, London/Brüssel, und Peres Projects, Berlin

Photo: Kunst Halle Sankt Gallen, Gunnar Meier

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Marinella Senatore, Ausstellungsansicht, Speak Easy Archive, 2009-2013; Speak Easy, 2009; The School of Narrative Dance, St. Gallen, 2014


Courtesy: die Künstlerin, Mot International, London/Brüssel, und Peres Projects, Berlin

Photo: Kunst Halle Sankt Gallen, Gunnar Meier

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Marinella Senatore, Speak Easy Archive, 2009-2013 (Detail)


Courtesy: die Künstlerin und Mot International, London/Brüssel

Photo: Kunst Halle Sankt Gallen, Gunnar Meier

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Marinella Senatore, The School of Narrative Dance, St. Gallen, 2014
 

Courtesy: die Künstlerin, Mot International, London/Brüssel, und Peres

Projects, Berlin

Photo: Kunst Halle Sankt Gallen, Gunnar Meier

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Marinella Senatore, Ausstellungsansicht, Estman Radio Drama - Special Edition, 2011
; Estman Radio Station, 2014

Courtesy: die Künstlerin und Mot International, London/Brüssel

Photo: Kunst Halle Sankt Gallen, Gunnar Meier

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Marinella Senatore, Estman Radio Station, 2014

Courtesy: die Künstlerin und Mot International, London/Brüssel

Photo: Kunst Halle Sankt Gallen, Gunnar Meier

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Marinella Senatore, Rosas: The Trilogy, 2013

Courtesy: die Künstlerin, Mot International, London/Brüssel, und Peres Projects, Berlin

Photo: Kunst Halle Sankt Gallen, Gunnar Meier

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Marinella Senatore, Rosas: The Trilogy, 2013 (Videostill)

Courtesy: die Künstlerin und Mot International, London/Brüssel

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Marinella Senatore, The School of Narrative Dance, 2013 (Videostill)

Courtesy: Peres Project, Berlin, und Mot International, London/Brüssel

 

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Marinella Senatore, Speak Easy, 2009 (Videostill)

Courtesy: die Künstlerin; Peres Project, Berlin, und Mot International,

London/Brüssel

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Marinella Senatore, Little Chaos – Backstage, 2013

Courtesy: Mot International, London/Brüssel

Eröffnung: Fr, 31. Januar 2014, 18 Uhr

Führungen: Di, 4. Februar 2014, 18.30 Uhr; So, 13. April 2014, 15 Uhr
Kunst-Häppchen: Mi, 19. Februar 2014, 12.30 Uhr – NEU

Kunst über Mittag: Do, 20. März 2014, 12 Uhr

Familienworkshop: So, 30. März 2014, 14 Uhr

Malnachmittag: Mi, 2. April 2014, 14 Uhr

Öffentlicher Aufruf: Alle sind eingeladen, bei ESTMAN RADIO mitzuwirken. 

Zusammenarbeit ist der wesentlichste Bestandteil von Marinella Senatores Kunstbegriff. Die italienische Künstlerin (*1977) involviert in ihre aufwändigen Projekte tausende Menschen – Laien wie Professionelle –, sei es als Produzenten, Schreibende oder anderweitig Mitwirkende, um zum Beispiel Paraden, Opern oder Radiosendungen zu erschaffen. Dabei geht es ihr nicht nur um das Anstiften sozialer Prozesse, sondern auch darum, Begriffe wie Öffentlichkeit und soziale Verantwortung zu hinterfragen, alternative Formen des Erzählens zu finden und letztlich durch das gemeinschaftliche Handeln ein kollektives Gedächtnis zu generieren. Die Kunst Halle Sankt Gallen zeigt Dokumentationsmaterial einiger ausgewählter Projekte unter anderem in Form von Filmen und lanciert ein neues partizipatives Unterfangen: das Estman Radio 

 

Dass Marinella Senatore soziale und kommunikative Prozesse anregt, wird gleich zu Beginn der Ausstellung augenscheinlich: An Speak Easy (2009) waren etwa hundert Studierende der spanischen Universität Complutense und mehr als tausend BewohnerInnen einer Madrider Vorstadt beteiligt, darunter pensionierte Schreiner, Schneiderinnen, Handwerker oder professionelle Schauspieler. Gemeinsam erarbeiteten sie ein Musical, das im New York der 50er Jahre spielt, und produzierten daraus ein aufwändiges Video – hier auf dem grossen Bildschirm zu sehen. Wie generell in Senatores Projekten ist der Austausch unter den Teilnehmenden während der Zusammenarbeit zentral. Die zwei schwarz-weissen Videos, die Teil des Speak Easy Archive (2009-2013) sind, geben Eindrücke dieser gemeinschaftlichen Arbeitsprozesse, die von der Konzeption des Drehbuchs über den Bau einer Filmkulisse bis hin zur Herstellung von Kostümen reicht: Eines der Videos gewährt einen Blick hinter die Kulissen der Produktion, auf dem zweiten Monitor werden die Namen aller Beteiligten abgespielt. Ebenfalls zum Archiv gehören Notizen und Kompositionen, die Senatore künstlerisch bearbeitete und in der Ausstellung auf grossen Tischen präsentiert. Sie ergänzte die Arbeitsunterlagen beispielsweise mit Studien der Akteure sowie Recherchematerial aus den 50er Jahren oder verarbeitete die Eindrücke zu Collagen (Speak Easy Collages #70-#92 ,2014).

 

The School of Narrative Dance ist ein weiteres Werk, das Kunst als Akt des sozialen Engagements zeigt: Die mobile, kostenlose Schule, 2013 entstanden, verfolgt ein Erziehungssystem, das aufEmanzipation, Einbeziehung und Selbst-Training basiert und deren Ziele Bildung, das Austauschen von Fähigkeiten und Nachhaltigkeit sind. Die multidisziplinäre Schule legt ihren Fokus auf das Erzählen und bedient sich dafür eines breiten Spektrums an Ausdrucksformen wie Tanz, Film, Performance, Dichtung,Oral History, Literatur und Handwerk. In der Kunst Halle wird diese besondere Bildungsstätte, deren Kernpunkt autonome und mithin gemeinschaftliche Bildung ist, in Form einer mehrteiligen Installation präsentiert. Die als Tapete aufgezogene Szene entstammt dem ersten von vielen Projekten, welche die Schule konstituieren, und zeigt eine heterogene Gruppe bei einer Performance in ausdruckstarker Position (Little Chaos, 2013). Die hohe Arbeitslosen-, Kriminalitäts- und Analphabetenrate in Sardinien, wo die Aktion stattgefunden hat, stellte für Senatore die Motivation dar, mit den BewohnerInnen gemeinschaftlich etwas zu erarbeiten. Die sieben Zeichnungen sind hingegen in einem ganz anderen Kontext entstanden und demonstrieren damit die Vielfalt der 'Unterrichtssituationen': Sie zeigen politisch aktive und bildungsnahe Frauen in Schweden, die gemeinsam ein feministisches Lied anstimmen. Einzig der Banner ist fester Bestandteil der School of Narrative Dance und taucht an jedem der Orte auf, an denen die Schule Halt macht. Nach langer Recherche, meist in Form von Interviews, reagiert Senatore individuell mit Projektvorschlägen auf die Bedürfnisse der Menschen. Nach Ende einer Kollaboration sollen die Mitwirkenden immer auch etwas in ihren Alltag oder ihre Arbeit mitnehmen können. Wichtig ist ihr stets die kunstvolle, prozesshafte Dokumentation, die in der Ausstellung in Form eines Videos auf dem bemalten Monitor sowie eines Tagebuchs deutlich wird, in dem sie zeichnerisch die Orte, an denen die Schule bereits war, sowie Szenen der verschiedenen Aktivitäten festhält. 
 

Mit Estman Radio (2014) lanciert Marinella Senatore ein permanentes, kostenloses Podcast-Radio. Alle sind eingeladen, daran mitzuwirken. Hörspiele, Vorträge, Musikstücke, Reden, Debatten, Interviews, Geschichten oder Klangbeiträge können direkt in der Arbeitsstation der Kunst Halle aufgenommen oder an contact@estmanradio.com gesendet werden. Die Beiträge sind dann auf www.estmanradio.com abrufbar. Dadurch wird eine produktive Gemeinschaft gebildet und die Ausstellung als Plattform benutzt. Das hiesige Projekt ist eine Fortsetzung des 2011 entstandenen Estman Radio Drama – Special Edition, das ebenfalls in der Kunst Halle ausgestellt ist. Italienische FabrikarbeiterInnen teilen in vier Akten Erinnerungen an ihren Lebens- und Arbeitsalltag, ergänzt wird das Drama mit lokalen Geschichtsdokumenten. Senatores Sensibilität in Bezug auf Arbeitsbedingungen wird in diesem Werk explizit. Estman Radio ist auch eine Hommage an ein gleichnamiges mobiles Theater, das in den 50er Jahren zur Unterhaltung von spanischen Minenarbeitern ins Leben gerufen wurde. Die Weiterführung in Form des Podcast-Radios nimmt sich bedingt auch inhaltlich den Vorläufern an: Menschen mit verschiedenen Hintergründen und Geschichten sollen involviert oder vom Resultat angesprochen werden.

 

Die wohl grösste Gemeinschaft mobilisierte Marinella Senatore für das Werk Rosas (2012), dem der gesamte dritte Ausstellungsraum gewidmet ist. Mehr als 20’000 Personen in Berlin, Derby (UK) und Madrid arbeiteten an der Oper in drei Akten. Auch hier wirkten von professionellen Tanzgruppen und Laienschauspielern über Schreiner und Kunststudenten bis hin zu Gemeindechören unzählige Akteure mit, die beim Verfassen des Librettos, als Schauspieler, Sänger oder in der Filmcrew beteiligt waren. Mittels kostenloser Workshops von lokalen ExpertInnen wurden sie auf die verschiedenen Rollen und Bereiche, die es für die Produktion der Oper benötigte, vorbereitet, z.B. zu den Themen Filmmusik, Dramaturgie, Schnitt.Rosaswird in der Kunst Halle in einer mehrteiligen Videoinstallation präsentiert. Die drei Akte werden auf die grossen Leinwände projiziert, während auf den Monitoren verschiedene Szenen aus der gesamten Oper zu sehen sind. Und so bietet der letzte Raum den BesucherInnen die Möglichkeit, in die Welt der Künstlerin einzutauchen und die grosse kreative Kraft zu erfahren, die Marinella Senatore in Zusammenarbeit mit den vielen Beteiligten in ihren mannigfaltigen Aktionen freisetzt.

 

Mehr Informationen zum ESTMAN RADIO


 

Biografische Angaben:

 

Marinella Senatore (*1977 in Cava dei Tirreni, IT) studierte an der Universidad de Castilla-La Mancha (2008-2012) und am Centro Sperimentale di Cinematografia in Rom. Heute lebt sie in Berlin. Einzelausstellungen (Auswahl): Castello di Rivoli, Rivoli Turin, IT; Musei Civici, Cagliari, IT; Italian Institute, New York, US (2013); Peres Projects, Berlin, DE; Quad, Derby, UK; ViaFarini, Mailand, IT; Matadero, Madrid, ES; Künstlerhaus Bethanien, Berlin, DE (2012); Macro Museum, Rom, IT (2011). Gruppenausstellungen (Auswahl): Göteborg Bienniale, SE; Depo, Istanbul, TR (2013); Muzeon Arts Park, Moskau, RUS; 3rd Moscow International Biennial for Young Art, RUS; Serpentine Gallery, London, UK; Victoria Theater, San Francisco, US (2012); 54. Kunstbiennale Venedig, IT; Dublin Contemporary, IE; ISCP, New York; Riso Museum, Palermo, IT (2011). www.marinella-senatore.com

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