Die franko-kolumbianische Künstlerin Gina Proenza (*1994, lebt und arbeitet in Lausanne/CH) zeigt in ihrer bisher grössten Einzelausstellung ein breites Spektrum an neuen Werken. Die Arbeiten der jungen Künstlerin erzählen Geschichten von tropischen Schlingpflanzen und den abgelegenen Dörfern Mittelamerikas, sie verbinden poetisches mit skulpturalem und rücken nun das Schicksal der Engerlinge aus der frühen Neuzeit ins Zentrum.
Proenza bringt in ihren Ausstellungen zahlreiche kulturelle und zeitliche Einflüsse zusammen, verzichtet jedoch auf deren Klassifizierung. Stattdessen interessiert sich die Künstlerin für die daraus resultierenden Grauzonen sowie die gegenseitigen Einflüsse und offenbart einen persönlichen Blick auf die Mehrdeutigkeit der Dinge. Durch die Mischung unterschiedlicher Medien wie Bild, Text und Installation gelingt ihr so eine anspruchsvolle und zugleich sinnliche Bildsprache, wo instabile Untergründe, Schriftzüge auf Reklame-Lichtboxen und Tierfratzen mit ausgestreckten Zungen aufeinandertreffen.Ausgangspunkt der Ausstellung «Moving Jealousy» in der Kunst Halle Sankt Gallen sind Überlieferungen aus Archiven der Kantone Freiburg und Waadt aus dem 15. und 16. Jahrhundert, in denen Engerlingen die Schuld für einen breitflächigen Ernteausfall zugewiesen wurde. Die Schädlinge wurden daraufhin von der damaligen Autorität in einer verbalen Anklage von den Äckern verwiesen. Ob die Insekten dieser Forderung nachkamen bleibt zu bezweifeln, es handelte sich jedoch um eine Standardprozedur der öffentlichen Hand.
Mit den für «Moving Jealousy» produzierten Arbeiten versucht sich Gina Proenza diesem historischen Ereignis, sowie der Natur solcher standardisierter Prozesse anzunehmen. Bleiben diese Abfolgen nur Absurditäten aus der Vergangenheit? Wie werden wir heute von ihnen bestimmt? Wie verständigen wir uns? Verstehen wir uns überhaupt? Neben ortspezifischen Installationen und neue Werken, werden zudem bestehende Serien fortgeführt, wodurch die Ausstellung auch Bezug auf den Arbeitsprozess und die (Bild)Sprache der Künstlerin nimmt. Die Mehrdeutigkeit äussert sich in den gezeigten Werken in der Sprache, indem ein bestehendes Verständnis durch subtile Veränderungen in Formulierung und Narration neuen Auslegungen weicht. Nicht weniger vielschichtig erscheint auch die Rolle der Besuchenden: sie werden durch die spielerische Komponente von Proenzas Werken, sowie die Interaktion untereinander, zwischen-zeitlich selbst Teil der Ausstellung. Ausgehend vom historisch überlieferten Dialog zwischen Mensch und Tier schafft «Moving Jealousy» einen Raum für weitaus grundsätzlichere Fragen der Verständigung, externen Einflüsse und zwischenmenschlichen Beziehungen.
Die Ausstellung von Gina Proenza wird unterstützt von Pro Helvetia, Schweizer Kulturstiftung, der Lienhard-Stiftung und dem Kanton Waadt.
Gina Proenza (*1994 in Bogotà/CO), lebt in Lausanne und Genf.