Viele Arbeiten des britischen Künstlers Damien Roach (*1980) wirken auf den ersten Blick geradezu unscheinbar. Benutzt er doch oft alltägliche Gegenstände ebenso wie bereits vorhandenes Bildmaterial dazu, gängige Assoziationen und Symbole zu hinterfragen.
Für das Projekt „Quanta“ entwickelt Roach eine 11-kanalige Diaprojektion, die das 33m lange Fries der Kunst Halle bespielt. Bei jedem Besuch in der Kunst Halle trifft man eine völlig andere Bildkombination in der Lobby an. Je nach Tageszeit verändert sich auch die Lichtsituation der Projektionen - mal verschwinden die Bilder fast auf dem Fries, ein anderes Mal leuchten die kreisförmigen Bilder sogar auf die Strasse hinaus.
In aufwändigen Recherchen wurden 100 Fotografien vorwiegend aus Mode- und Lifestylemagazinen der 60iger Jahre ausgewählt. Diese Nachforschungen sind Teil einer fortwährenden Beschäftigung des
Künstlers mit vorhandenen Medienbildern, die ein bestimmtes Lebensgefühl ansprechen sollten. Da begegnen wir einer Massentaufe im Fluss ebenso wie gemeinschaftlichem Holzhacken auf einem Bauernhof oder exotischen Stammesritualen. Alle Figuren scheinen zu hoffen, sich durch ihr Handeln einer besseren Lebensform anzunähern. Einige Ikonen der modernen Architektur sind ebenso zu sehen - nährten sie doch auch das Versprechen, die Lebenswirklichkeit der Menschen und das Stadtbild der Moderne grundlegend zu verändern.
Gemeinhin bezeichnet man mit dem Begriff „Quanta“ hermetische Einheiten, die sich nicht mehr teilen lassen. In Anlehnung an dieses physikalische Wertemodell werden die Dias in einer runden Form projiziert. Bewusst lässt sich der Künstler damit auf das Bild von parallel existierenden „Welten“ ein. Wie offen oder abgeschlossen waren bestimmte alternative Lebensentwürfe der 60iger und 70iger Jahre und wie funktioniert unser heutiger Blick darauf? Viele haben als Konzept für andere Formen des Zusammenlebens ausgedient und sind heute fast verpönt. Alternative Lebensentwürfe der 60iger Jahre stehen dennoch für einen bestimmten modischen Look, der ein vages Freiheitsgefühl vermitteln soll. Die Bilder vermitteln gleichsam ein Gefühl der Überschreitung. Einmal versuchen die abgebildeten Personen, ihre Grenzen zwischen Person und Gemeinschaft aufzuheben. Oder es wird versucht, durch geradezu halluzinogene Landschafts- und Pflanzenaufnahmen die Differenz zwischen Betrachter und Umwelt zu verwischen.
Roach geht einigen Mustern nach, die das Menschenbild der Nachkriegsmoderne geprägt haben - man sucht sich eine Identität aus oder hebt Differenzen durch Wahrnehmungsverschiebungen auf.
Magazinfotografie dabei besonders geeignet, diese Illusion für ein paar Minuten aufleben zu lassen. Die überschreitende Logik der allgegenwärtigen Massenmedien ist heute bereits zum Allgemeinplatz
geworden. Und sie funktioniert immer noch mit ähnlichen Bildmustern, selbst wenn man heute die Utopien der 60iger Jahre eher belächelt.
Mit freundlicher Unterstützung des British Council, London und Foto Lautenschlager, St. Gallen.